Arthur Coulin

(1869 – 1912)

Selbstbildnis
1900
Öl auf Leinwand
41 × 24 cm
signiert oben links: A. Coulin

Arthur Coulin hat in konzentriertem Innehalten und mit reflexivem Blick auf seine Persönlichkeit dem Selbstbildnis in seinem Schaffen einen nicht unbedeutenden Platz eingeräumt. Dazu gehören graphische Arbeiten wie auch Ölgemälde, einige mit mehr privat-intimem Charakter, andere bewusst für die Öffentlichkeit konzipierte. „Das erste vollgültige Selbstbildnis“ nennt Harald Krasser dieses, der ersten römischen Periode Coulins entstammende Selbstporträt. Diesem sollten 1905 und dann 1910 zwei weitere Selbstbildnisse in Öl folgen.

Das Porträt kommt in betont schmalem Hochformat als Brustbild daher – den Körper in seitlicher Darstellung, das Gesicht in leichter Linksdrehung dem Betrachter zugewandt. Die Figur tritt Flächen füllend aus dem neutral zurückgenommenen Hintergrund nahe an den Bildrand heran.

Dadurch, dass Coulin sich in legerem Habitus (im Hemd) – wohl als ein Zugeständnis an das südliche römische Leben – darstellt und den bürgerlich korrekten Überrock weglässt, verzichtet er keinesfalls auf Mittel der Inszenierung, die seine soziale Position anzeigen. Das Haupt ist selbstbewusst erhoben, die ernste Miene signalisiert kühle Distanz. Der intensive und direkte Blick, den der Betrachter nur bedingt auf sich gerichtet empfindet, hat etwas von einem Blick nach innen: Der Künstler steht malend vor dem Spiegel, das Porträt vermittelt dementsprechend etwas von Selbstbetrachtung und -prüfung.

Coulin, der sich von vielen seiner Zeitgenossen durch die stärkere Bewahrung einer dem akademischen Realismus verhafteten Darstellungsweise auszeichnet, löst sich nur schrittweise von der Konvention und Detailgenauigkeit in der Personendarstellung klassischer Porträtkunst und der Berücksichtigung etablierter kompositioneller Maßstäbe. Hier ist es der Umgang mit dem Licht, das das Bildnis aus akademischer Starre befreit. Von links einfallend und sich am Weiß des Hemdes brechend, zaubert es Reflexionen auf die hohe Stirn des Mannes. Es ist sinnlich greifbar, hüllt flirrend die Gestalt ein und bringt Emotionalität ins Spiel.

Irmgard Sedler

Literatur: Harald Krasser: Arthur Coulin. Bukarest
1970, S. 35, Abb. 9.