Joseph Neuhauser

(1767-1815)

Lithograph Karl Lanzedelli

Herkulesbad zu Mehadia
Vorlage vor 1815
Lithographie, handkoloriert
39,3 × 55,3 cm
Wien, um 1830
Beschriftung: auf Stein gezeichnet von Karl Lanzedelli

Über die Mittelbarkeit der Lithographie stellt sich hier mit Joseph Neuhauser (1815 gestorben in Hermannstadt) ein Künstler vor, dessen Werk im Schatten der Künstlerpersönlichkeit seines Bruders Franz entstanden ist und zugleich den Einfluss des Älteren in sich birgt.

Dem Betrachter bietet sich vom erhöhten Standpunkt aus eine Überschaulandschaft dar, wie sie malerischer nicht sein kann: In tiefer gebirgiger Schlucht am äußersten westlichen Zipfel der Südkarpaten rauscht der Tscherna-Fluss zwischen gewaltigen, bewaldeten Felshängen durchs Tal. Eingebettet in dieser Bergkulisse liegt Herkulesbad / Herkulesfürdö / Băile Herculane. Das ehemals mondäne Kurbad der alten Donaumonarchie.

Bei aller Titelfixierung auf das Kurbad und den Veduten-Elementen im Mittelgrund des Bildes, interessiert den Künstler eher die Erhabenheit der Bergkulisse als die Zeugnisse menschlicher Behausung, was vordergründig an der Gewichtung des Landschaftlichen in der Komposition erkennbar ist.

Die Bildauffassung ist den traditionell-akademischen Kategorien formelhafter Landschaftsdarstellung mit vertrauten Bildachsen verhaftet. Im diagonalperspektivisch leicht verschobenen Aufbau, betont durch den Gewässerlauf und die ihn rahmenden Uferwege, staffeln sich die Bildebenen in die Tiefe, suggestiv markiert durch die optischen Geländeüberschneidungen am Fuße der Felsmassive. Die Barockarchitektur im point de vue wirkt ausdruckslos, wie mit dem Lineal schülerhaft gezogen und perspektivisch gestaucht. Hier schlägt der zeichnerische Charakter der Lithographie besonders stark durch.

Anstelle der sonst üblichen, vorgestellten Baumgruppen am Bildrand, rückt eine dramatisch zerklüftete, verschattete, vordergründige Felsformation die Landschaft in unmittelbare Nähe des Betrachters. Als Staffage zeigt sich hier ein auf dem Felsplateau ruhendes rumänisches Hirtenpaar mit seinen Ziegen. Klein, tief unten links ruhen zwei Kurgäste – erkennbar als Offiziere an der Modeuniform mit Zweispitz. Der lichte Himmel, nur im Dreiecks-Ausschnitt der Felsmassive sichtbar, und die weich tonale Farbgebung geben die Grundnote der Stimmung im Bild ab, leihen ihm etwas vom Atem idealer Landschaftsbilder des 18. Jahrhunderts.

Irmgard Sedler