Ernst Honigberger

(1885 – 1974)

Selbstporträt
1969
Öl auf Hartfaserplatte
30 × 30 cm
datiert und signiert unten rechts: E Honigberger / 19 69
Dauerleihgabe des Bundes

Der Maler Ernst Honigberger wurde 1885 in Kronstadt/Braşov geboren. Er studierte an den Kunstakademien in Berlin und München. Nach seinem Kriegsdienst von 1914-1918 kehrte er kurzzeitig nach Kronstadt zurück. 1919 zog es ihn wieder nach Berlin, wo er an Ausstellungen der avantgardistischen Novembergruppe und der Berliner Secession teilnahm. Es folgten während der 1920er Jahre zahlreiche Ausstellungen in Deutschland sowie in Budapest, Bukarest, Leningrad, Moskau und Stockholm. 1943 erfährt er auf einer Reise nach Wehr in Baden von der Vernichtung seines Berliner Ateliers durch einen Bombenangriff. Er lässt sich daraufhin in Wehr nieder und gründet 1946 mit seiner Frau die „Kunst und Musikschule Wehr“.

Obwohl der Künstler in der Folgezeit große Formate nicht scheute, sogar Aufträge für monumentale Wandgemälde annahm, ist das Selbstporträt mit nur 30 cm Kantenlänge kleinformatig gehalten. Es scheint fast, als habe sich der Maler durch das unterlebensgroße Format zurückgenommen: Das Porträt ist weniger Selbstdarstellung als Selbstreflexion. Es entstand 1969 nur fünf Jahre vor seinem Tod. Expressionistisch, mit leuchtenden Farben, starken Komplementärkontrasten und breiten Pinselzügen, schildert der vierundachtzigjährige Künstler sich selbst. Er konzentriert sich dabei ganz auf den Ausdruck seines Gesichts, das nahezu die gesamte Bildfläche füllt. Am unteren Bildrand sind das schwarze Sakko und der Kragen des weißen Hemds lediglich angedeutet. Die bürgerliche Kleidung kontrastiert mit dem dynamisch nach allen Seiten abstehenden Haar, das Ernst Honigberger in expressiver Weise mit hellblauen Lichtreflexen versehen hat. Nur scheinbar im Kontrast zur Expressivität der Malerei steht der ruhige Blick, den der Maler dem Betrachter zuwendet. Er ist Ausdruck der Innerlichkeit des Porträts, des Seelenzustands des alten Mannes. In diesem späten Selbstporträt kehrt der Künstler damit zu den Anfängen seines Schaffens zurück.