Vorschau


Kabinettausstellung:
“Da geht ein Wandern mir durch Hirn und Sinn.” Walther Teutsch // William Shakespeare. Sonette in Bildern


29. Mai bis 14. September


Die Kabinettausstellung verbindet expressionistische Holzschnitte des siebenbürgischen Künstlers Walther Teutsch mit einem Stück Weltliteratur, den berühmten Sonetten William Shakespeares.

Der aus Kronstadt/Braşov stammende Maler und Grafiker Walther Teutsch (1883-1964) studier­te in Leipzig und München, wo er ab 1906 lebte. Ab 1910 verband er traditionelle Motive mit einem zunehmend expressiven Stil. Er wurde Mitglied der Münchener Neuen Secession und 1931 ordentlicher Professor an der Kunstgewerbeschule.

Durch das NS-Regime wurden 1937 auch seine Werke als „entartet“ eingestuft und er 1939 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Walther Teutsch Mitglied der Neuen Gruppe, der u. a. auch Willi Baumeister, Karl Schmidt-Rottluff oder Erich Heckel angehörten, und lehrte nochmals bis 1952 an der Akademie der Bildenden Künste in München. Das Lenbachhaus widmete ihm noch 1963 eine Einzelausstellung. Heute ist Walther Teutsch nahezu vergessen.

Eines seiner bedeutendsten druckgrafischen Werke sind die 10 Holzschnitte zu William Shakespeares Sonetten, die 1922 in Leipzig sowohl als Grafikmappe als auch in Buchform zusammen mit den Gedichten des großen englischen Dramatikers in der Übersetzung Eduard Saengers erschienen sind.

In der Ausstellung sind, analog zur Buchausgabe, die Sonette im englischen Originaltext und der deutschen Übersetzung Eduard Saengers zusammen mit den jeweiligen Holzschnitten, die sie künstlerisch „paraphrasieren“, präsentiert.

Shakespeares 1609 erstmals veröffentlichte Sonette sind eine Sammlung von 154 Gedichten, die sich voll poetischer Ausdruckskraft mit Themen wie Liebe, Lust, Betrug und Vergänglichkeit befassen. Anders als frühere Sonette, die sich meist einer idealisierten Geliebten widmen, erweitern Shakespeares Werke das Spektrum und beinhalten eine komplexe Figurenkonstellation: einen jungen Mann, eine „Dark Lady“ und einen rivalisierenden Dichter.

Ihre immense literaturhistorische Bedeutung liegt nicht nur in ihrer poetischen Schönheit, sondern auch in der tiefgründigen Reflexion über menschliche Emotionen und die Vergänglichkeit des Lebens. „Die Sonette sind geladen von dunkler Ahnung um diese Zeitenwende und von heraufdämmernder Tragik umwittert“, so der Journalist Bruno Erich Werner 1922 im Vorwort der Buchausgabe. Daher fanden sie zu Beginn des 20. Jh., in einer Zeit ebenso großer Umbrüche und tragischer Ereignisse, großes Interesse und teilweise Verwendung als Vorbilder für eigene weltanschauliche Konzepte, z. B. im Kreis um den Dichter Stefan George.